EU-Digitalkommissar Oettinger gegen rasche Abschaffung von Geoblocking

Wenige Tage nachdem es aus der EU-Kommission hieß, das sogenannte Geoblocking solle rasch abgeschafft werden, widerspricht EU-Kommissar Günter Oettinger. Man dürfe das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, warnt er vor vorschnellen Entscheidungen.

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Günther Oettinger

(Bild: dpa, Julien Warnand)

Lesezeit: 3 Min.

EU-Digitalkommissar Günther Oettinger hat sich dagegen ausgesprochen, auf europäischer Ebene rasch gegen geografische Sperren für Internetinhalte vorzugehen. Wenige Tage nach der Kritik seines Kollegen Andrus Ansip am Geoblocking, sprach sich Oettinger gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zwar für einen einheitlichen europäischen Urheberrechtsschutz aus: "Wir dürfen das Kinde aber nicht mit dem Bade ausschütten." Ansip hatte erklärt, dass er Geoblocking hasse. Darauf erwiderte Oettinger nun, "Ich hasse meinen Wecker morgens um fünf Uhr."

Das sogenannte Geoblocking verhindert, dass beispielsweise Live-Übertragungen von bestimmten Fußballspielen, Spielfilme oder Musikstreams für Internetnutzer in anderen Ländern zugänglich sind. Solche Einschränkungen müssten dringend abgeschafft werden, verlangte Ansip. Oettinger will nun erst einmal prüfen, was ein Ende des Geoblockings für die Filmwirtschaft bedeuten würde. Solch ein Schritt dürfe nicht zu Lasten der Kleineren gehen: "Wir wollen ja unsere kulturelle Vielfalt bewahren."

In dem Interview habe sich Oettinger auch für hohe Standards beim Urheberrecht ausgesprochen. Wenn jeder die Blumen im Garten des Nachbarn pflücken dürfe, pflanze niemand mehr Blumen: "Wir sind eine von Eigentum geprägte Gesellschaft." Genau das begreife ein Teil der sogenannten Netzgemeinde nicht. Der wolle im Internet alles umsonst herunterladen. Das würde aber das Aus für geistige Arbeit bedeuten, so Oettinger. Er aber wolle, "dass ein Martin Walser oder ein Udo Jürgens einen Nachfolger hat." Konkrete Vorschläge will er im Oktober machen.

Ein wichtiger Teil des Urheberrechts sei für Oettinger auch das Leistungsschutzrecht. Das wolle er nach den ersten Gesetzen in Deutschland nun auch auf europäischer Ebene einführen. Dass Google sein News-Angebot in Spanien in der Folge abgeschaltet hat, sei kein Argument dagegen: "Wenn wir das auf EU-Ebene einführen würden, müsste Google einlenken." Suchmaschinenanbieter sollen damit gezwungen werden, Presseverlage an den Umsätzen zu beteiligen, die sie mit der Anzeige von daraus generierten Kurztexten erzielen.

Auch zur geplanten Reform des europäischen Datenschutzrechts äußerte sich Oettinger. Weil gegenwärtig jeder EU-Staat die geltenden Datenschutzregeln anders auslege, entstehe ein regelrechtes "Datenschutzdumping". Unternehmen siedelten sich in den Staaten mit dem geringsten geltenden Datenschutzniveau. Es sei nicht sinnvoll, wenn die Bundesregierung in dieser Situation auf dem hohen Schutzniveau Deutschlands beharre und damit gegebenenfalls einen einheitlichen europäischen Datenschutz verhindere. Dabei hatte sich erst vor wenigen Tagen gezeigt, dass Deutschland einem Aufweichen wichtiger Datenschutzprinzipien gar nicht im Wege steht. (mho)